Daniel Drepper

Sportwoche 10/11: Missbrauch, Plagiate und Korruption

Nach dreiwöchigem Urlaub lassen sich aktuelle Links nur sehr schwer sinnvoll nachbereiten. Daher ein Blick auf einige wenige Themen, die wichtig bleiben dürften:

Thema der Woche: Sexueller Missbrauch im Sport
Am Mittwoch lief – versteckt um 23.30 Uhr – ein 30-minütige ARD-Doku: „Der Trainer war der Täter“ (Mediathek / Infos zur Doku). Auch wenn das Thema schwer zu bebildern ist, habe ich das Stück gern gesehen. Stark: Die Einblicke, die das Opfer gewährt. Schwach: Die Antworten von Ingo Weiss, DOSB-Funktionär und Vorsitzender der Deutschen Sportjugend. Der Film berichtet, dass Vereine seit Mai 2010 von Trainern ein erweitertes Führungszeugnis einholen können, das ihnen zumindest die Möglichkeit gibt, verurteilte Sexualstraftäter auszusortieren. Mit Blick auf den Verwaltungsaufwand sagt Ingo Weiss:

„Warum ein polizeiliches Führungszeugnis, warum soll ich nicht lieber eine Selbstverpflichtung unterschreiben? Warum soll ich nicht hingehen und selbst erklären, mit einem Ehrenkodex, dass ich nichts mache und dass ich nichts tue.“

Der Sport sei, so der Film, für sexuellen Missbrauch unter anderem deshalb besonders anfällig, weil er oft in geschlossenen System funktioniert: Talenttraining in Kleingruppen oder Vereine ohne klare Regeln zur Problematik. Ingo Weiss sagt:

„Ich will ganz bewusst unsere Sportvereine in diesem Fall und ganz bewusst auch unsere Übungsleiter in Schutz nehmen. Ich muss ja irgendwo mal Hilfestellung geben, das weiß auch jeder und ich muss ja auch mal was zeigen, das weiß auch jeder und von daher kann man da seine Grenzen schon selbst sehen oder auch selbst feststellen.“

Weiss kommt in dieser Dokumentation extrem schlecht weg. Vielleicht überdenkt er seine Aussagen noch einmal, wenn er die 30 Minuten gesehen hat. Schließlich war er als Vertreter des DOSB einziger Sportler am Runden Tisch der Bundesregierung. Angesichts dessen wirken seine Ansichten zum Thema ganz schön undifferenziert.

Gedopt
Das Sportschiedsgericht in Lausanne, das CAS, hat Pietro Caucchioli und Franco Pelizotti zu je zwei Jahren Sperre verurteilt. Besonders Caucchiolis Fall scheint den Blutpass zu stärken, die UCI legte offenbar ohne positiven Test glaubhaft dar, wann und wie sich der Italiener Eigenblut abgenommen und reinfundiert hat. Die Presseerklärung auf englisch und die Urteilsbegründung bislang nur auf französisch. Erste Diskussionen zum Urteil mit Bezug auf Claudia Pechstein gibts bei Jens Weinreich.

Eufemiano Fuentes betreut nun wohl wieder ganz offiziell und nicht mehr nur verdeckt Sportler – es sind spanische Fußballer.

Und erneut ein Fall von Doping im Breitensport: Die Deutsche Triathlon Union sperrt einen Amateur-Athleten wegen Epo-Dopings, er war nach dem Datum und der Startliste zu urteilen im vergangenen Jahr beim 70.3 in Wiesbaden positiv getestet worden.

Und sonst?
Langsam aber sicher wird auch den obersten Sport-Führern klar, dass Wettbetrug den Sport kaputt macht. Jens Weinreich berichtet im Deutschlandfunk. Eine Anti-Korruptions-Agentur soll es aber weiterhin nicht geben. Dabei sprach zuletzt selbst ein IOC-Mitglied von weit verbreiterer Korruption im Sport: Der Ungar Tamás Aján.

Einen neuen Skandal hat die Sportmedizin der Uni Freiburg. Als eine Art Abfallprodukt der Doping-Ermittlungen tauchten verdächtige wissenschaftliche Arbeiten auf: Der oberste Sportmediziner Hans-Hermann Dickhuth hat wohl ausgedoktert, er soll in seiner Habilitation bei mindestens einer Doktorandin abgeschrieben haben, wie Anno Hecker für die FAZ recherchierte.

Bleiben wir bei Plagiaten: Der Abgang von ACDC-Minister KT zu Guttenberg beeinflusst auch den Sport. Innenminister de Maizière wechselt ins Verteidigungsministerium und tauschte dort gleich mal seinen für die Bundeswehrreform zuständigen Staatssekretär aus. Mal sehen, wie es mit den Sportsoldaten weitergeht. Als Innenminister folgt Hans-Peter Friedrich. Der Deutschlandfunk mit einer Einschätzung.

Die Münchner Olympiabewerbung hat den Besuch der IOC-Evaluierungskommission hinter sich. Thomas Kistner von der Süddeutschen Zeitung beurteilt im Deutschlandfunk die Präsentation als eher mäßig gelungen. Die schwache Kommunikation mit den Olympiagegnern könnte zum Problem werden.

Und zum Abschluss ein Ehrentag: Sepp Blatter ist seit Donnerstag 75 Jahre alt. Er hat sich zum Geburtstag die Wiederwahl gewünscht. Das könnte schwierig werden, angeblich unterstützen jetzt die Engländer eine Kandidatur von Mohammed Bin Hammam.

  1. 15. März 2011 -

    Danke für die Zusammenfassung. Ich habe mir daraufhin die Dokumentation der ARD angeschaut. Wirklich ein schweres Thema.

  2. 15. März 2011 -

    Aber wichtig, oder nicht? Wer die Zahlen mal durchrechnet und auf seine lokalen Vereine hochrechnet… Ich bezweifle, dass sich die Mehrzahl der Vereine überhaupt schonmal mit dem Thema auseinandergesetzt hat.

  3. 1. April 2011 -

    @ Daniel Drepper: Das trifft es. Es ist ein extrem wichtiges Thema!

    Deshalb sagt der DOSB: Der Sport muss sich mit diesem Thema intensiv auseinandersetzen. Die Vereine müssen dafür sensibilisiert werden, wie sie ihre Mitglieder und sich selbst davor schützen, von Tätern missbraucht bzw. benutzt zu werden. Falsche Sicherheitsversprechen über Führungszeugnis halten wir dagegen für irreführend. Dazu zitiere ich eine jüngst an uns gerichtete Journalistenfrage: „Was ist dagegen einzuwenden, wenn ein Verein Polizeiliche Führungszeugnisse abfragt, die abgeheftet und diese alle drei Jahre erneuert werden? Der Aufwand ist doch überschaubar.“

    Die Antwort steckt schon in der Frage: Es reicht eben nicht, etwas abzuheften und alle drei Jahre zu erneuern und damit Sicherheit zu suggerieren – sich selbst gegenüber und gegenüber Dritten. Denn diese Sicherheit gibt es nicht, die meisten Menschen haben saubere Führungszeugnisse. Erst wenn es eine rechtskräftige Verurteilung gab, führt dies zu einem Eintrag im Führungszeugnis. Wir wollen niemanden in Sicherheit wiegen. Wir brauchen größtmögliche echte Sicherheit. Und die kann nur erreicht werden, indem die Sexuelle Gewalt in Ausbildungen thematisiert wird, indem sich das Thema in den Köpfen der Menschen festsetzt, indem das ohnehin offene System Sportverein noch transparenter gemacht wird – sozusagen „gläserne Turnhallen“ entstehen –, in denen alle gemeinsam darüber wachen, dass sich niemand an Kindern vergreift. Und sollte es Verdachtsfälle geben, müssen diese sauber geklärt werden. Um dies zu erreichen, müssen Vereine motiviert werden, sich dieses Themas anzunehmen. Das gelingt viel leichter und erfolgversprechender, wenn nicht durch die Führungszeugnisse vorab Sicherheit suggeriert wird. Deshalb ist der DOSB in der Frage der Polizeilichen Führungszeugnisse momentan noch zurückhaltend.

    Ich will es mal an einem Beispiel erklären. Ein Kind, das Sie bei null Grad und Regen vor die Tür schicken und vor Kälte schützen wollen, können Sie zwar mit einem Regenschirm (Schutzschirm Führungszeugnis) ausstatten, es wird aber trotzdem nach wenigen Minuten frieren. Packen Sie es dagegen in dicke, regenfeste Kleidung ein, ziehen Sie ihm Handschuhe und zwei Paar Socken und Gummistiefel an, kann es lange draußen sein, ehe es beginnt zu frösteln. Wenn Sie ihm dann noch als doppelte Sicherheit einen Regenschirm mitgeben, kann nicht mehr viel schief gehen. Der Regenschirm alleine wird aber nicht dazu führen, dass es nicht binnen weniger Minuten friert. Er führt vielmehr dazu, dass sich das Kind nicht warm anzieht, weil es wegen des Regenschirms die Notwendigkeit nicht einsieht.

    Ingo Weiss hat die DOSB-Position in dem 45-minütigen Interview mit der ARD natürlich umfassend erklärt, aber auch den bürokratischen Aufwand hinterfragt, der mit Polizeilichen Führungszeugnissen verbunden ist. Von dem Interview, blieb kaum eine Minute über. So ist Journalismus. Schade, dass für eine differenzierte Betrachtung kein Raum war. Aber leider führt eine Verknappung bei so einem komplexen Thema zu einem nicht zufriedenstellenden Ergebnis, das Sie zu Recht bemängeln.

    Ein ähnliches Beispiel ließ sich auch gestern Abend wieder im Panorama-Beitrag finden. Da wird ein Satz aus einer Antwort herausgeschnitten, der sich auf eine vorherige Frage bezieht. In dieser vorherigen Frage ging es um die Entschädigung und den Unterschied zur Kirche. Darin erläuterte Ingo Weiss, dass der Sport nicht mit der Kirche vergleichbar ist und antwortet bei der neuen Frage „bei uns ist es – wie gesagt – etwas anders“. Das „etwas anders“ bezog sich auf die vorherige Antwort, wie sich aus dem „wie gesagt“ erschließt. Im Zusammenhang mit dem hinführenden Teil des Beitrages, klingt es jedoch so, als sei sexuelle Gewalt im Sport anders als bei der Kirche. Dem ist mitnichten so, anders sind die organisatorischen und rechtlichen Strukturen drum herum. Es ist im Sport quasi unmöglich, von oben durchzugreifen. Der Sport ist ein offenes System. Das war der Punkt. Aber dies kam leider nicht so rüber. Hier ist auf Kosten des Inhalts verknappt worden.

  4. 4. April 2011 -

    hay unsere klasse 8g aus der schule IGMH macht gerade ein projekt über sportsoldaten und ich haben das Thema „was ist der unterschied zwischen soldaten und sportsoldaten“ weil ich plötzlich auf diese seite gekommen bin wollt ich fragen ob ihr was über dieses thema wisst z.B eine Internetseite mir empfehlen könnt oder ob iht vielleicht selbst was über dieses thema wisst !! wenn ihr mir helfen könnt wäre es sehr nett! wenn ihr was wisst schickt mir eine e-mail
    fatima25101996@web.de

  5. 4. April 2011 -

    Hi Fatima. Fang doch mal mit folgenden Links an: Eins und Zwei. Dort gibts dann auch weitere Links.

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