Daniel Drepper

Die Sport-Woche (4)

Willkommen im Jahr 2011. Über die Feiertage hatte mein sieben Wochen junges Blog seine bislang längste Pause. Langsam wird es wieder Zeit. Zumal mittlerweile täglich gut 300 Leute vorbeischauen. Hier also die erste Sport-Woche im neuen Jahr, bevor die Arbeit in den kommenden Tagen wieder richtig los geht.

Thema der Woche: Ein deutscher Sportmediziner unter Verdacht

Kaum beachtet, aber gerade deswegen für mich das Thema der Woche (oder eher der Wochen seit dem letzten Eintrag): Grit Hartmanns Deutschlandfunk-Bericht zur Sperre des russischen Skilangläufers Nikolai Pankratow vom 18. Dezember. Pankratow war im Spätsommer vom Schweizer Zoll mit Infusionsbesteck und dem Kälberblut-Mittel Actovegin erwischt worden. Actovegin selbst steht noch nicht auf der Dopingliste, wer jedoch Actovegin intravenös spritzt, dopt. Die FIS sperrte Pankratow für zwei Jahre. Neben den noch folgenden juristischen Kämpfen zum Fall ist vor allem interessant, von wem Pankratow das Mittel Actovegin verschrieben bekam: Vom Mainzer Sportmediziner Klaus Gerlach. Gerlach betreut auch die Bundesliga-Profis von Mainz 05, in seiner Praxis habe ich mich wegen Wadenproblemen selbst schon einmal kurz und erfolglos behandeln lassen. Hartmann schreibt:

In den USA steht schon die Einfuhr (Anmerkung: von Actovegin) unter Strafe. In einigen EU-Staaten war es nie zugelassen; vom deutschen Markt wurden Actovegin-Ampullen 2009 genommen. Das Rezept für Pankratow stammt von einem deutschen Sportmediziner. Es ist legal, eine Substanz für den Einkauf in einem anderen Land zu verschreiben – aber auch befremdlich. Nach Deutschlandfunk-Informationen stellte Klaus Gerlach, Teamarzt beim Fußball-Bundesligisten Mainz 05 und Betreuer von Topathleten am Olympiastützpunkt Rheinland-Pfalz, das Rezept aus. Auf Anfrage teilt er mit, Actovegin habe – Zitat – „eine sehr alte Tradition“ bei der Behandlung von muskulären Beschwerden. Im Fall Pankratow habe sein Rezept „im Ansatz nichts mit Doping zu tun“.

Hartmann schreibt, dass der Stoff für einige Jahre auf dem Doping-Index stand. Angeblich reduziere er die Blutverdickung nach Epo-Spritzen.

Ein sehr schöner Text zum zwielichtigen Selbstverständnis deutscher Sportmediziner erschien im Sommer im Freitag: „Heilkunst: Bringt im Fußball nichts.“

Gedopt

Javier Cáceres berichtet in der SZ über die Weiterungen der spanischen Dopingaffäre „Operacion Galgo“. Leichtathletik-Trainer-Guru Manuel Pascua ist eine der zentralen Figuren der Affäre. Laut „El País“ hat er der Polizei gegenüber einige Athleten als Dopingkunden enttarnt. Darunter die 1500-Meter- Europameisterin Nuria Fernández, den WM- und EM-Medaillengewinner Reyes Estévez, den 800-Meter-Spezialist Eugenio Barrios sowie die nationale 100-Meter-Meisterin Digna Luz. Zuvor waren bereits Langstrecklerin Marta Dominguez und Ex-Cross-Europameister Alemayuh Bezabeh belastet worden. Zudem soll der Portugiesische Sprinter Francis Obikwelu zum Kreis der gedopten Sportler gehören. Genau wie die erfolgreiche niederländische Crossläuferin Adriënne Stefanie Herzog.

Und sonst?

Nächste Runde im Wettskandal: Am Montag präsentierte der Stern mit René Schnitzler einen geständigen Profi. 100000 Euro will er für die Beeinflussung von fünf Spielen genommen haben – ohne die Manipulationen durchzuziehen. Interessant ist seine Einschätzung zur Spielsucht seiner ehemaligen Profikollegen. „Viele Profis haben gewettet wie Wahnsinnige. 70 oder 80 Prozent der Spieler einer Mannschaft setzen auf irgendwelche Partien in irgendwelchen Ligen“, sagte Schnitzler dem Stern.

Am Mittwoch stand schließlich Ante Sapina vor den Bochumer Richtern: 150000 Euro für zwei Tore – schreibt die SZ. Pünktlich für Sapinas Aussage ist auch Sportspool-Reporter Fred Kowasch wieder in Bochum dabei gewesen. Nachdem der bosnische Schiedsrichter Novo Panic das Spiel Liechtenstein-Finnland der deutschen WM-Qualifikationsgruppe verpfiffen hatte, hätten Sapina und seine Bekannten „über Mittelsmänner bei der UEFA dafür gesorgt, dass Panic im Ranking der Schiedsrichter nach oben gestuft worden wäre“, schreibt Fred.

Dietmar Hopp sorgt für Diskussionen. Lange schon war er mit seinem Retorten-Klub aus Hoffenheim das Sinnbild dafür, das die 50+1-Regel der Bundesliga, nach der Sponsoren nie die Mehrheit eines Vereins übernehmen dürfen, bei einigen Vereinen ausgehöhlt wird. Vom DFB dank seiner Milliarden stets hofiert und hochgelobt, zeigt er sich mit dem eigenmächtigen Verkauf von Luiz Gustavo nun endgültig als kalkulierender Geschäftsmann, der die Regeln des deutschen Fußballs umgeht, wie Christof Siemes in der Zeit beschreibt: „Dietmar Hopp hat diese Regelung von Anfang an unterlaufen: In der TSG Hoffenheim Fußball-Spielbetriebs GmbH hat er zwar nur 49 Prozent Stimmanteile, stellt aber 96 Prozent des Kapitals; seine Millionengaben werden als »atypisch stille Beteiligung« oder Darlehen in den Bilanzen aufgeführt“, schreibt Siemes.

Jens Weinreich berichtete gestern live aus Doha vom Kongress des Asiatischen Fußball Verbandes. Statt Hyundai-Chef Chung Mong-Joon wird Prinz Ali bin Al-Hussein neuer FIFA-Vize. Die Golfstaaten sind weiter auf der Überholspur.

2011 könnte die Leichtathletik-WM in Daegu nicht im deutschen Fernsehen zu sehen sein. Hans-Peter Kreuzer im Deutschlandfunk über die Probleme der Leichtathletik zur Jahreswende.

Und zum Schluss: Ein Interview mit Kai Pahl von allesaussersport im Deutschlandfunk. Pahl zählt unter anderem seine Sport-Höhepunkte des Jahres 2011 auf.

  1. 8. Januar 2011 -

    […] Drepper lässt die erste Januarwoche 2011 Revue passieren. Ein deutscher Sportmediziner unter Verdacht, eine weitere Episode in der spanischen Dopingaffäre, […]

  2. 9. Januar 2011 -

    Sehr interessante Sache.
    Eigentlich wollte ich mal kritisch selber schauen, ob der gute Herr Dreppner ;-) da etwas aufbauscht und schnell mal die Verbindung von Doping zum Leistungsfussball unterstellt, in dem er einen Sportmediziner in den Sumpf zieht.
    „Ist das Medikament vielleicht wirklich nur ein harmloses und gängiges Mittel bei Verletzungen?“, fragte ich mich und googelte nach. Und wenn man da beim ersten Ergebniss nur so mit Verbindungen zum Doping konfrontiert wird, kann man den Deutschen Arzt beim besten Willen nicht entlasten.
    Mein HNO weist mich (chancenloser Hobbysportler) schon immer darauf hin, dass etwas, was er mir zur Heilung entzündeter Nebenhöhlen verschreibt auf der Dopingliste steht. Da kann ich einen Sportmediziner, der Leistungsportler betreut, nicht freisprechen. Das muss ihm bewusst sein, dass er da etwas verschreibt, was hochgradig verdächtig ist und gerade im Ausdauersport zur Verschleierung eine lange Tradition hat.
    Vielen Dank, Herr Drepper, für diesen sehr interessanten Hinweis! …Und diesmal ohne Augenzwinkern…

  3. 11. Januar 2011 -

    @ Lars T.: Freut mich, dass Sie hier lesen und kommentieren. Und freut mich auch, dass es Ihnen gefällt. Gern geschehen und auf bald.

  4. 14. Januar 2011 -

    […] gesperrt worden ist. Aber: Kein Wort darüber, dass er das Kälberblut-Mittel Actovegin von Mainz05-Arzt Klaus Gerlach bekommen hat. […]

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